14.02.2019

Soft Landing und andere Wunschträume

Die Konjunkturdaten verschlechtern sich zusehends. Statt sich an ein Soft Landing und andere mögliche Strohhalme zu klammern, gilt es, für Schlimmeres gewappnet zu sein. Zu viele Wunschträume geistern derzeit am Markt herum.

Peter Frech

vonPeter Frech

Fondsmanager

Am Ende eines langen Booms machen sich Anleger immer gerne etwas vor. Die einen aus Behäbigkeit: Nach Jahren mit guten Renditen fühlt sich Investieren einfach an. Vergangene Krisenängste lösten sich in Wohlgefallen auf. Ausserdem gibt es auf dem Top des Zyklus immer noch zahlreiche gute Nachrichten aus der Wirtschaft, mit denen man sich einlullen kann.

Die anderen aus Gier: Sie sind erst spät zur Party gestossen, haben erst kürzlich ihr Risiko erhöht und wollen nun auch noch absahnen. Es kann doch nicht sein, dass der Boom schon vorbei ist, so kurz nachdem man eingestiegen ist?

Die Wunschträume der Anleger gedeihen deshalb in keiner anderen Marktphase so auffällig wie am Ende eines Zyklus. Die Augen werden fest verschlossen vor der Realität und drohenden Risiken, ganz im kindlichen Denken, dass die bösen Schreckgespenster von Rezession und Kreditkrise verschwinden, wenn man nur ganz fest genug dran glaubt.

Unsere Aufgabe als erwachsene Investoren ist jedoch, der Realität ins Auge zu sehen. Und die sieht momentan nicht sehr gut aus. Die Kombination von sinkenden Konjunkturdaten und anhaltend hohen Verschuldungsquoten bietet genug Zunder für eine neue Finanzkrise.

Der Wirtschaftsabschwung ist schon da

Die Einkaufsmanager-Indizes haben sich in den letzten 12 Monaten zunehmend verschlechtert. Chinas Wirtschaft stagniert. Italien ist bereits in der Rezession, Deutschland und andere europäische Länder sind knapp davor. Selbst in den USA zeigt der Indikator des New York Fed eine Wahrscheinlichkeit von über 25% für eine Rezession an, der höchste Wert seit 2008, als das Land bereits im Abschwung war.

Die Margen der Unternehmen sind wie immer am Ende eines Zyklus unter Druck. Und es ächzt im Gebälk des Kreditsystems, abzulesen etwa an den steigenden Kredit-Spreads für schlechte Schuldner. Noch nie hatten so viele Schuldner mit Investment-Grade-Rating eine so schlechte Qualität wie heute (siehe SpectraNews #29 vom April 2018).

Der typische Wunschtraum in dieser Marktphase ist das Soft Landing: Eine sanfte Landung der Wirtschaft nach Jahren des Booms und der Fehlallokation von Kapital. Der jüngste Marschhalt der US-Notenbank Fed in Sachen Zinserhöhungen nährt natürlich diese Hoffnungen. Doch die Anleger wollen damit die Quadratur des Kreises: Geht der Boom weiter, werden doch mehr Zinserhöhungen nötig und die überschuldeten Akteure kollabieren. Schrumpft die Wirtschaft, brechen die Unternehmensgewinne und Haushaltseinkommen ein und die hohen Schulden können nicht bedient werden, auch wenn die Zinsen dann wieder fallen sollten. In der Realität sind Soft Landings deshalb am Ende eines langen Booms etwa so häufig wie Einhörner.

Apropos Einhörner: Ein weiterer Wunschtraum zahlreicher Venture-Kapitalisten ist, dass sich die teils astronomisch hohen Papierbewertungen von privaten Startups wie Uber oder WeWork tatsächlich mittels Börsengängen noch in harte Dollars ummünzen lassen.

Der weitum populäre Wunschtraum, dass die Zinsen noch für lange Zeit tief bleiben werden, ist denn auch derjenige, dessen Zerplatzen die folgenschwersten Konsequenzen haben könnte. Wir haben dazu keine konkrete Meinung oder Einsicht. Aber wir sehen die reelle Gefahr, dass es sich nur um einen Wunschtraum handeln könnte.

Weitere beliebte, wenn auch nicht unrealistische Wunschträume wären eine baldige Einigung der USA und Chinas im Handelsstreit oder ein glimpfliches Ende für das überschuldete Italien.

Konklusion für Investoren

Je mehr sich die Masse der Anleger diesen Wunschträumen hingibt, desto mehr neigen wir zu Vorsicht. Wir bleiben im Quantex Global Value Fund defensiv positioniert mit einem Fokus auf Qualitätsunternehmen mit starken Bilanzen. Der Markt offeriert uns diese Titel derzeit immer noch zu sehr attraktiven Preisen im Vergleich zu zyklischen Aktien, gerade weil er so sehr an eine baldige Fortsetzung des Wirtschaftsbooms glauben will.


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