17.05.2016

Tipps für das Goldminenfeld

Goldminen-Aktien geben nach fünf glanzlosen Jahren ein Comeback und sind die Top-Performer dieses Jahr. Doch der Sektor ist für unbedarfte Investoren gefährlich. Zehn Goldene Regeln helfen beim Weg durch das Minenfeld.

Peter Frech

vonPeter Frech

Fondsmanager

„Eine Goldmine ist ein Loch im Boden im Besitz eines Lügners“, lautet ein geflügeltes Wort aus dem 19. Jahrhundert, das manchmal Mark Twain zugeschrieben wird. Auch 2016 ist der Ausspruch nicht selten zutreffend. Kaum ein Geschäft ist so unberechenbar und mag so sehr die Fantasien und die Gier der Anleger zu wecken wie der Gold-Bergbau – entsprechend gross ist der Anreiz für die Promotoren, unangenehme Details auszusparen und die Fakten zu beschönigen.

Seit Beginn des Jahres stieg der Goldpreis in US-Dollar um gut 20%. Goldminen-Aktien schossen seit Januar gemessen am HUI-Index um satte 90% in die Höhe. Ein solch steiler Kursanstieg in einem miesen Börsenumfeld weckt Aufmerksamkeit. Bereits werden die spezialisierten Broker und Analysten von Anfragen unbedarfter Investoren nach heissen Minen-Tipps bedrängt.

Blickt man etwas länger zurück, so notieren dieselben Goldminen-Barometer immer noch um mehr als die Hälfte unter ihren einstigen Höchstständen von 2011. Der Sektor ist ein veritables Minenfeld für gutgläubige Investoren. Während eines Bullenmarktes mag es einfach erscheinen, mit Goldminen Geld zu verdienen.

Doch in der unweigerlich folgenden Korrektur ist es schwierig, nicht alle Gewinne und noch mehr wieder herzugeben. Davon können die meisten Investoren im Sektor ein Lied singen. Seit 15 Jahren beschäftige ich mich professionell mit der Analyse von Goldminen-Aktien, seit bald acht Jahren davon als Manager des mehrfach preisgekrönten Quantex Strategic Precious Metal Fund. Doch trotz leidlichem Erfolg war es unter dem Strich eine Zeit mit vielen Enttäuschungen. Immerhin liessen sich daraus ein paar Goldene Regeln für das Investieren in Goldminen gewinnen, die nützlich sein können, ganz unabhängig von der Frage, ob der Goldpreis nun weiter steigen oder bald wieder sinken wird. Dies wird von der Entwicklung der Inflationserwartungen und Realzinsen abhängen.

1. Der Hebel existiert nur in der Theorie. In der Theorie ist es ganz einfach: Fördert eine Minenfirma Gold zu Gesamtkosten von 800 Dollar je Unze und steigt der Goldpreis um nur schon 20% von 1000 auf 1200 Dollar, so verdoppeln sich die Margen von 200 auf 400 Dollar je Unze. Diese Erwartung steht hinter dem steilen Kursanstieg der Minentitel seit Mitte Januar. Die Erfahrung lehrt, dass in der Praxis dieser viel zitierte Gewinnhebel der Minen zum Goldpreis nicht existiert – oder nur für sehr kurze Zeit. Sehr bald nämlich steigen jeweils die Förderkosten. Sei es, weil eine generelle Inflation den Goldpreis und damit auch die Kosten für Löhne und Energie treibt. Oder sei es, weil das Management, ermutigt von dem höheren Preis, wieder Expansionspläne voran treibt und beginnt, marginal profitable Vorkommen abzubauen. Die untenstehende Grafik veranschaulicht diesen Effekt sehr deutlich:


Die Balkengrafik zeigt die Entwicklung der gesamten Förderkosten der Goldminen seit 2005 in Relation zum Goldpreis (gelbe Linie). (Quelle: BMO)

Beachtenswert ist auch die Gewinnspanne am rechten Ende, die sich zwischen sinkenden Förderkosten und dem erwarteten Goldpreis (rote Linie) ergibt – sie ist reine Fantasie. Seit ich mich erinnern kann, sehen diese Grafiken so aus und versprechen, dass der Sektor in naher Zukunft endlich gute Gewinne machen wird.

2. Marginale Projekte bleiben marginal. Während der Sektor boomt, wird die Gier nach einem möglichst hohen Gewinnhebel zum Goldpreis bedient, in dem den Anlegern vor allem marginal profitable Minenprojekte angeboten werden. Doch genau wie in der obigen Grafik für die Industrie als Ganzes verhält es sich auch mit einzelnen Projekten. Minen, die im aktuellen Umfeld kaum profitabel sind, werden es auch in Zukunft bei einem deutlich höheren Goldpreis selten sein: Strukturelle und technische Probleme des Erzkörpers, starke Gewerkschaften, hohe Steuern und plötzlich höherer Kapitalbedarf wegen zu knappen Investitionen verhindern gewöhnlich eine Margenausweitung. Dasselbe gilt übrigens für Minen, die in der Vergangenheit bei wesentlich tieferen Goldpreisen geschlossen wurden. Auf dem Papier mag die Wiedereröffnung einer Mine, die mit Förderkosten von 400 Dollar je Unze bei einem Goldpreis von 300 Dollar dicht gemacht wurde, attraktiv aussehen. In der Praxis werden jedoch nur hoffnungslose Minen wirklich geschlossen und nicht von besser gestellten Konkurrenten übernommen. Bei der Wiedereröffnung stellen die gutgläubigen Anleger dann meistens fest, dass seither nicht  nur der Goldpreis, sondern auch die Kostenbasis massiv gestiegen ist. Windige Promotoren leben davon, dass die Anleger gerne nur die eine Seite der Formel betrachten.

3. Die grosse Papierflut vermeiden. Der Gold-Bergbau ist ein kapitalintensives und selbst in Boomjahren notorisch unprofitables Geschäft. Entsprechend braucht der Sektor netto immer neues Kapital in Form von Krediten und Aktienkapitalerhöhungen. Die Verwässerung durch die ständige Aktienschwemme ist auf lange Sicht einer der Hauptgründe für die schlechte Entwicklung der Aktienkurse des Sektors. Ironischerweise ziehen die Goldminen-Promoter in ihren Präsentationen gerne über die Verwässerung des Papiergeldes durch die Notenbanken her – und gehören selbst zu den eifrigsten Druckern von Aktienpapier, nicht zuletzt für die eigenen Optionsprogramme. Minenunternehmen, die sich selbst finanzieren und nicht ständig neue Aktien ausgeben, sind ein rares Gut und werden vom Markt meist unterschätzt. Die wichtigste Kennzahl für Wertschöpfung ist das Wachstum von Gewinn, Free Cashflow und Gold-Reserven pro Aktie.

4. Das Management ist wichtig. Gutes Management ist Trumpf in einem so schwierigen Geschäft wie dem Goldabbau. Schliesslich ist profitabel Gold zu fördern erfahrungsgemäss schwieriger, als etwa als Chef von Coca-Cola oder Google Gewinne einzufahren. Jede Minenfirma rühmt sich gerne ihres überdurchschnittlichen Management-Teams. Je länger jedoch die Erfahrung jedes Mitglieds angepriesen werden muss, desto eher handelt es sich um eine Gruppe von Dilettanten. Die gerne hervorgehobene Erfahrung eines Managers in der Bürokratie eines Grosskonzerns zählt dabei wenig. Schliesslich sind die Minen-Grosskonzerne nachweislich genauso gut darin, Geld zu vernichten wie die Kleinen. Beurteilen sie ein Management danach, was es in der Vergangenheit geleistet hat, nicht danach, was es über sich sagt. Ein gerne bemühter Trick dabei ist es, zu betonen, wie die Marktkapitalisierung einer Firma unter einem Manager gewachsen ist – und dabei zu vergessen, dass der Aktienpreis nicht gestiegen ist, sondern nur die Aktienzahl.

5. Ein guter Erzkörper ist noch wichtiger. Um Warren Buffett zu paraphrasieren: Wenn ein Management mit gutem Ruf eine Mine mit miserablem Ruf angeht, so ist es meist der Ruf der Mine, der intakt bleibt. Die geologischen Gegebenheiten eines Erzkörpers sind für seinen Erfolg viel wichtiger als das Management – dieses kann höchstens zusätzlichen Wert vernichten, selten jedoch welchen schaffen. Umgekehrt sieht der Manager einer Mine mit gutem Erzkörper schnell einmal wie ein Genie aus, auch wenn jeder Idiot damit hätte Geld verdienen können. Ein wirklich gutes Management zeichnet sich deshalb meistens vor allem dadurch aus, welche Erzkörper es angeht und welche nicht – sofern es eine Wahl hatte. Investoren müssen bei der Auswahl von Minentiteln ähnlich selektiv vorgehen.

6. Nur ernsthafte Exploration bitte. Das gängige Modell der Explorationsfinanzierung über den Aktienmarkt ist höchst ineffizient. CEO und Chefgeologe reisen ständig um die Welt, um bei Anlegern Geld für das nächste Bohrprogramm aufzutreiben. Wenn es mit Mühe und Not gelingt, 5 oder 10 Millionen Dollar Aktienkapital aufzunehmen, gehen zuerst mal 5-10% für Broker und Promoter weg. Der Betrieb einer Gesellschaft samt fetten Löhnen und Reisespesen verschlingt weitere 2-3 Millionen im Jahr. Mit etwas Glück bleiben dann 2-5 Millionen für ein mickriges Bohrprogramm von ein paar Tausend Metern. Das ist zu wenig, um in nützlicher Frist eine fundierte Ressourcenschätzung abgeben zu können – aber mit etwas Glück genug, um mit ein paar guten Bohrresultaten die nächste Finanzierungsrunde einzuleiten. Ernsthafte Exploration eines Erzkörpers kostet gegen 20-50 Millionen im Jahr. Gesellschaften, die diese Summe nicht stemmen können, sind ohne extremes Glück zum Scheitern verurteilt. Das traurige Schicksal all der Explorer im Frühstadium belegt der TSX-Venture-Index der Börse in Vancouver, an der die meisten Explorationsaktien notiert sind. Der Index liegt immer noch 85% unter seinem höchst von 2007 und sogar noch 50% unter dem Stand von 2001 zu Beginn des grossen Goldbooms! Exploration im Frühstadium ist Geldvernichtung im grossen Stil, bei dem nur Manager, Broker und Promoter reich werden.

7. Fakten kaufen, nicht Fantasie. Aktien von Explorationsunternehmen stellen folglich ein besonders gefährliches Minenfeld dar. Windige Promoter nutzen geschickt ein paar gute Bohrlöcher oder die Nachbarschaft zu einem grossen Goldvorkommen, um die Fantasie der Anleger anzuheizen. Auch vergangene Erfolge des Managements oder Chef-Geologen werden gerne bemüht, auch wenn diese in der Praxis wenig Aussagekraft haben. Viele Explorer werden deshalb zu reinen Fantasiekursen gehandelt. Entsprechend schnell kann die heisse Luft aus einem Titel entweichen. Bewertbare Fakten dagegen sind konkrete Ressourcen-Schätzungen und Machbarkeitsstudien. Darauf lassen sich Bewertungen abstützen. Interessant sind Explorationstitel, die auf Basis der bereits vorhandenen Ressourcen attraktiv bewertet sind und bei denen die Option auf eine Ausweitung des Vorkommens besteht. Wenn die Gesellschaft dann auch noch über die finanziellen Mittel für weitere Exploration verfügt (Netto-Cash von 30 Millionen Dollar oder mehr), kann der Anleger so etwas wie eine Gratisoption erwerben. Diese Konstellation ist jedoch selten. In den allermeisten Fällen zahlt der Anleger zu viel für die Option in Form einer Explorationsaktie.

8. Nicht alle sitzen im selben Boot. In einem zyklischen Geschäft wie der Goldförderung ist es schwierig, über den ganzen Zyklus keinen Wert zu vernichten. Da die Downside immens sein kann, ist es umso wichtiger, dass das Management dieses Risiko zumindest ansatzweise mit den Aktionären teilt in Form eines grossen Aktieninvestments in der eigenen Firma. Dies ist leider so gut wie nie der Fall. Die allermeisten Manager werden mit Cash-Boni und jährlichen neuen Optionsgeschenken entlöhnt. Durch die Zyklen kommen diese Optionen immer mal wieder ins Geld. Und wenn der Aktienkurs fällt, so kriegt man nächstes Jahr neue Optionen mit tieferem Strike – neues Jahr, neues Glück sozusagen. Anleger sollten deshalb auf hohe persönliche Aktienpositionen in Relation zum Gesamteinkommen des Managements achten. Auch besonders lange Sperrfristen für zugeteilte Bonus-Aktien oder die Bestimmung, ein Vielfaches des Salärs in Aktien zu halten, können helfen, die Interessen von Aktionären und Managern auf eine Linie zu bringen.

9. Und ewig lauert der Steuervogt. Einmal gebaute Minen sind naturgemäss ortsgebunden. Die Verhandlungsposition von Minenfirmen gegenüber dem Staat ist deshalb viel schwächer als etwa die eines Fabrikanten oder Dienstleisters, der dem Steuervogt mit dem Wegzug drohen kann. Während der Jahre des Rohstoff-Booms erhöhten viele Staaten die Steuern für den Bergbau exponentiell. In einigen Fällen wurde die gesamte Upside durch höhere Goldpreise durch Steuern abgeschöpft. Minen in Ländern mit einer gewissen Rechtssicherheit und politischen Stabilität sollten deshalb bevorzugt werden. Projekte in exotischen Destinationen mögen auf dem Papier günstiger aussehen – doch nach dem Bau der Mine kommt oft der Steuervogt und macht das Projekt teurer.

10. Hohe Schulden haben keinen Platz im zyklischen Bergbau. Die Lektion geht in den Boomjahren leider immer vergessen. Der Goldminen-Sektor war zu Beginn der Gold-Hausse komplett schuldenfrei. Im Verlauf des Booms stieg die Netto-Verschuldung dann auf satte 20 Milliarden Dollar. Dieser Schuldenberg muss nun bei tieferen Goldpreisen mühselig abgetragen werden.

Fazit

Anleger und Fonds, die in den letzten zehn Jahren halbwegs heil durch das Goldminenfeld kamen, sind rar. Die wichtigste Lektion bleibt, dass Goldminen hochzyklisch und keine reinen Buy&Hold-Investments sind. Dafür ist ein ordentlicher Anteil physisches Gold im Depot viel besser geeignet. Bei den Minenaktien dagegen sollte das Engagement antizyklisch erhöht und vermindert werden. Bei der Titelauswahl muss besonders selektiv vorgegangen werden, um die grössten Flops zu vermeiden.

Unsere Favoriten im Quantex Strategic Precious Metal Fund sind Produzenten mit schuldenfreier Bilanz und positivem Free Cashflow selbst bei Goldpreisen um 1100 US-Dollar je Unze. Dazu gehören etwa die Australier Regis Resources und Northern Star, Centamin in Ägypten oder Tahoe Resources mit Minen in Lateinamerika und Kanada. In Sachen Kapitalallokation verfügt das Management von Regis Resources zudem über einen der besten Leistungsausweise der Branche seit den 1990er Jahren über insgesamt drei erfolgreiche Minen-Unternehmen.

Randgold zeichnete sich in der letzten Dekade ebenfalls durch Kapitaldisziplin aus. Selbst bei einem Goldpreis von 1800 Dollar je Unze suchte das Unternehmen nur nach Projekten, die sich mit 1000 Dollar je Unze noch rechnen. Anstatt teuer auswärts einzukaufen, verliess man sich vorwiegend auf eine effiziente Exploration im Hause. Randgold hielt zudem die Zahl der ausstehenden Aktien in vorbildlicher Weise tief.

Bei den Explorationsfirmen bevorzugen wir Titel mit einem bereits definierten Erzkörper von guter Qualität und stattlicher Grösse wie Continental Gold oder Kaminak. Beide Unternehmen verfügen zudem momentan über genug Cash, um die Exploration und Machbarkeitsstudien voranzutreiben. Reine Explorationstitel bleiben aber im Fonds selten.


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