«Im Durchschnitt schichten wir das gesamte Portfolio alle zwei Jahre um»

Livio, als Investment-Analyst bist du im Aktienselektionsprozess und in der Portfoliokonstruktion tätig. Welches sind deine genauen Aufgaben?

Ich führe unser monatliches Aktien-Screening durch, wähle aus, welche Aktien wir näher anschauen und analysiere dann einen Teil der ausgewählten Titel. Wenn unser Fondsmanager, Peter Frech, in den Ferien ist, bin ich der stellvertretende Fondsmanager des «Global Value» und des «Multi Asset»-Fonds.

Ihr nennt euch Value-Investoren, was ist damit genau gemeint?

Wir versuchen eine Firma immer zu einem günstigen Preis zu kaufen. Hierfür machen wir eine Bewertung des gesamten Unternehmens. Wenn wir sehen, dass dieser von uns berechnete faire Wert sich nicht im aktuellen Aktienkurs widerspiegelt, schlagen wir zu.
Damit wir kaufen, muss ein solches Unternehmen an der Börse mit einem Abschlag von mindestens 30% zu kaufen sein. Wenn wir also zum Schluss kommen, dass die Firma CHF 100 pro Aktie wert ist, der Titel an der Börse aber unter CHF 70 gehandelt wird, investieren wir.

Wie findet ihr jeweils neue Aktientitel?

Wir machen monatlich ein globales Aktienscreening, das uns eine Liste von jeweils etwa 300 günstigen Unternehmen generiert. Nach einer sehr oberflächlichen Analyse der Kennzahlen bleiben dann ca. 5 bis 15 Unternehmen übrig, welche wir genauer analysieren.

Und dann kauft ihr jeweils sofort?

Nein, nicht unbedingt. Meistens ist es so, dass die Aktien nicht den gewünschten 30%-igen Preis-Abschlag bieten. Dann investieren wir nicht, sondern setzen den Titel auf unsere Watchlist. Wenn die Aktie nach einer Zeit wieder günstiger wird, schauen wir sie nochmals an und investieren dann eventuell.

Und wie sieht eine definitive Selektion konkret aus?

Wir schauen, ob das Unternehmen überhaupt in unser Portfolio passt. Dann stellen wir verschiedene Vergleiche an. Beispielsweise bezüglich der Risiken, welche das Unternehmen mit sich bringt. So schauen wir den Sektor genauer an, in welchem eine Firma tätig ist und versuchen zu verstehen, wie zyklisch die Geschäftstätigkeit ist.
Im Weiteren kontrollieren wir, was für andere, ähnliche Werte wir bereits im Portfolio halten. Falls die Aktie dann die Qualität unseres Portfolios verbessert oder zu einen Diversifikationsvorteil führt, kaufen wir. Ein Diversifikationsvorteil ist dann gegeben, wenn die analysierte Firma beispielsweise in einer völlig anderen Branche tätig ist als die meisten anderen Unternehmen in unserem Fonds.

Auf was schaut ihr vor allem, wenn ihr ein Unternehmen analysiert?

Wir konzentrieren uns vor allem auf den erzielten «Free Cash Flow». Dabei handelt es sich um Geld, das während einer bestimmten Periode verdient wurde. Es sind Mittel, die weder für das operative Geschäft noch für irgendwelche Investitionen benötigt werden. Wir achten auch darauf, was das Management mit dem erwirtschafteten Geld macht.

Steht ihr auch regelmässig im Kontakt mit den Firmen, in die ihr investiert?

Nein, nie. Darauf verzichten wir bewusst, weil wir glauben, dass wir objektiver sind, wenn wir die Leute nicht kennen. Sonst kann es vorkommen, dass unsere Entscheidung durch Sympathie oder Antipathie beeinflusst wird.

Wann ist es für euch jeweils Zeit, dass ihr euch von einem Titel wieder trennt?

In der Regel behalten wir die Aktie in unserem Fonds bis sich der ursprüngliche Abschlag von 30% aufgelöst hat. Wir bleiben also so lange investiert, bis auch die Börse realisiert hat, dass die Aktie ein Schnäppchen war. Wir steigen aber nicht nur aus, wenn unser berechnete faire Wert erreicht wurde, sondern auch, wenn wir erkennen, dass wir in der Analyse einen Fehler gemacht haben oder wenn wir attraktivere Titel auf dem Markt finden.

Wie wichtig ist eine solche Blutauffrischung? Wie oft entscheidet ihr euch jeweils für neue Titel im Fonds?

Für einen Value Investor agieren wir relativ oft. Wir schichten im Durchschnitt das gesamte Portfolio alle 2 Jahre um. Unsere Aktivität hängt aber sehr von den Schwankungen an den Börsen ab; wenn es ruhig ist, dann machen wir nicht viel und lassen es laufen. Sobald es aber hektischer wird, ergeben sich jeweils mehr Chancen und dann werden meine Kollegen und ich extrem aktiv.

Wie hat sich der «Spectravest-3a»-Fonds entwickelt in letzter Zeit?

Wir sind super happy. Gerade eben wieder haben wir zwei «Lipper Fund Awards» für unser Baby geholt. Die Performance seit Start des 3a-Fonds im Jahr 2018 beträgt jedes Jahr durchschnittlich 9%. Darauf sind wir sehr stolz.

An wen richtet sich der «Spectravest-3a»-Fonds?

An alle 3a-Sparerinnen und -Sparer, die einen Anlagehorizont von über zehn Jahren haben.

Kann man in diesen Fonds nur via der 3. Säule investieren?

Nein, diesen Sprectravest-Fonds kann man auch als gewöhnliche Anlage ausserhalb der 3. Säule kaufen. Dies wird auch häufig getan.

Der Fonds ist zu über 40 Prozent in europäische Aktien investiert, wie viele Schweizer Titel sind in diesen 40 Prozent enthalten?

Im «Spectravest-3a»-Fonds sind mit Roche, Novartis und Sonova aktuell drei Schweizer Titel enthalten, was 7.5% des Gesamtportfolios entspricht.

Bist du selber auch in euren Fonds investiert?

Ja sicher! Das meiste meines privaten Geldes ist in unseren Fonds investiert.

Ist der «Spectravest-3a»-Fonds ein Produkt, in das auch Neulinge investieren können? Oder ist das Risiko hier eher zu gross?

Als Investorin oder Investor sollte man sich generell die folgenden Fragen stellen: Wie lange ist mein Anlagehorizont und kann ich mit vorübergehend grösseren Verlusten leben? Wenn man sein Geld mehr als zehn Jahre für sich arbeiten lassen und auch mal Verluste von über 30% verkraften kann, dann ist man für einen Fonds wie den «Spectravest-3a»-Fonds geeignet.