31.07.2017

Endlich dämmert es in Japan

Es hat lange genug gedauert, aber heute gibt es klare Anzeichen, dass die Unternehmensführung in Japan aktionärsfreundlicher wird. Rückkaufprogramme und Dividenden liegen nur noch wenig hinter den viel gelobten USA zurück. Umso erfreulicher, dass japanische Aktien immer noch günstig sind.

Peter Frech

vonPeter Frech

Fondsmanager

Über die letzten 25 Jahre konnte man die Vorhersagen einer neuen Morgendämmerung in Japan getrost im Meer versenken. Tatsache ist, dass die japanischen Börsenbarometer heute immer noch nur halb so hoch notieren wie auf der Spitze der Nippon-Spekulationsblase im Jahr 1989. So manche Anleger- oder Analystenkarriere wurde durch die falsche Hoffnung auf die Wende in Fernost ruiniert. Inzwischen ignorieren viele Investoren das Land völlig, obwohl Tokio nach New York und Shanghai immer noch der drittgrösste Börsenplatz der Welt ist.

Die Argumentation für eine neue Morgenröte stützt sich dabei meistens auf makroökonomische Faktoren: Gelingt Japan endlich der Ausbruch aus Jahrzehnten der Stagnation und Deflation? Premierminister Shinzo Abe unternimmt mit seinen «Abenomics» seit 2013 den jüngsten Versuch in dieser Hinsicht – mit mässigem Erfolg. Die Probleme des an sich reichen Landes mit Überalterung und Überschuldung bleiben jedoch gross.

Doch was interessieren uns Makroprognosen? Es gibt auf lange Sicht erwiesenermassen keinen Zusammenhang zwischen dem volkswirtschaftlichen Wachstum eines Landes und seinen Aktienrenditen.

Das Spannende ist aber, dass derzeit in Japan auf Unternehmensebene wirklich ein Lichtblick auszumachen ist. Dies führt dazu, dass immer mehr japanische Titel auf unserer Selektionsliste auftauchen: Nicht nur die Bewertungen sind attraktiv (vgl. Grafik unten), sondern auch die negative Rendite aus dem Cashflow aus Finanzierungstätigkeit: Das bedeutet, es fliesst in Fernost ordentlich Geld an die Kapitalgeber zurück.

Kurs/Buchwert-Verhältnis des japanischen Topix-Index seit den 1970er Jahren. Die Grafik zeigt die extreme Überbewertung auf der Spitze der Hausse im Jahr 1989 und den langen Fall in vernünftigere Bewertungsregionen. (Quelle: Bloomberg)

Das Elend in der Unternehmensführung des alten Japan geht allerdings tief. Nichts verdeutlicht dies besser als der aktuelle Skandal um die ehemalige Marktikone Toshiba: Eine gefälschte Buchhaltung, ein Verwaltungsrat ohne unabhängige Mitglieder, wo de facto die ehemaligen Manager das Sagen haben, eine vermurkste internationale Expansion, zu viele Schulden und über allem eine Decke aus Schweigen und Lügen.

Neue umfangreiche Regulationen der Regierung Abe für die Unternehmensführung 2014 und für die Corporate Governance 2015 sollen solchen tiefgehenden Missständen abhelfen. So stieg zum Beispiel die Quote der japanischen Unternehmen, die überhaupt unabhängige Mitglieder im Verwaltungsrat haben, in den letzten zwei Jahren von unter 50% auf über 90%.

Japanische Titel mit Rückkaufprogrammen outperformen massiv

Der beste Anreiz zur Verhaltensänderung kommt aber letztlich vom Markt selbst: Japanische Firmen, welche Aktienrückkäufe angekündigt hatten, konnten gemäss einer Analyse von Empirical Research letztes Jahr im Schnitt um fast 10 Prozentpunkte outperformen. Der Markt belohnt damit Rückkäufe in Japan viel stärker als etwa in den USA.

Die Rückkaufquote für den gesamten japanischen Markt beläuft sich nun auf gut 1%. Das ist nicht mehr viel weniger als die 1.5% in den USA. Die Dividendenrendite beträgt in beiden Ländern gut 2%. Weil in Japan jedoch die Bewertungen tiefer sind, besteht mehr Potenzial für Erhöhungen der Ausschüttungsrendite. Zudem sitzen japanische Unternehmen im Schnitt auf Cash-Reserven in Höhe von 22% ihres Börsenwerts. US-Titel weisen im Mittel nur 9% Cash-Reserven auf.

Der grosse Unterschied ist aber, dass in Japan die Aktienrückkäufe stark auf eine relative kleine Gruppe von Unternehmen konzentriert sind. Ein Fünftel aller Firmen tätigt gemäss Empirical Research satte 93% aller Aktienrückkäufe. Angesichts der Outperformance der Titel mit Rückkaufprogrammen macht es Sinn, sich auf diese Vertreter des «Neuen Nippon» zu konzentrieren. Es geht letztlich nicht nur um die Rückkäufe an sich, sondern auch um das Signal bezüglich Aktionärsfreundlichkeit, dass solche aussenden. Vertreter der alten Japan AG, in der Cash-Berge gehortet oder in meist unprofitablen Akquisitionen versenkt werden, kann ein Investor getrost ignorieren.

Einmal mehr wird damit auch deutlich, dass ein Investment in Japan mittels eines breiten Index-ETF keine gute Idee sein dürfte: Damit kauft man noch zu viel des alten Japan. Wir konzentrieren uns bei der quantitativen Titelselektion automatisch nur auf das Fünftel aller Firmen mit einer hohen Ausschüttungsrendite. Aktuell befinden sich drei japanische Titel im Quantex Global Value Fund: Kaken Pharmaceutical, Obic und Suzuken. Angesichts der gut gefüllten Watchlist ist eine steigende Allokation in Japan wahrscheinlich.

Je mehr der Markt letztlich Aktienrückkäufe belohnt, desto mehr steigt der Anreiz oder der Druck auf die Konzernführer, solche zu tätigen. Wird eine kritische Masse erreicht, könnten in Japan Aktienrückkäufe bald einmal wie in den USA zum guten Ton gehören. Das wäre dann wirklich eine neue Morgendämmerung in Fernost.


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