21.09.2021

Keep it simple. Auch bei Anlegen gilt: Weniger ist mehr!

Investorinnen und Investoren sind mit einer zu grossen Auswahl an Finanzprodukten oft ganz schnell überfordert. Denn je grösser die Anzahl an Anlage-Möglichkeiten und -Strategien ist, umso schneller verliert man den Überblick. Weniger ist deshalb oft mehr.

Peter Zeier

vonPeter Zeier

Geschäftsleitung

Ein Artikel in der NZZ hat unsere Aufmerksamkeit erhascht. Unter dem Titel «Warum viele Privatanleger unnötige Produkte kaufen» geht es darum, wie Menschen finanzielle Entscheidungen treffen. Wer sich mit dieser Frage beschäftigt, trifft unweigerlich auf den Namen Daniel Kahneman. Der Psychologe ist der Erfinder der Prospect-Theorie. Diese beschreibt menschliche Entscheidungen in unsicheren Situationen. Kahneman und sein Berufs-Kollege Amos Tversky wollten in den Siebzigerjahren herausfinden, wie stark Entscheidungen von irgendwelchen Erwartungen und Verhaltensmustern der Akteure abhängig sind.

In der Prospect-Theorie wurde dem Umstand nachgegangen, dass Menschen in Entscheidungssituationen oft von dem als optimal charakterisierten Verhalten abweichen. Kahneman hat seine wichtigsten Erkenntnisse in einem Buch niedergeschrieben: «Schnelles Denken, langsames Denken». Vielen Finanzexperten gilt dieser Ansatz als Bibel der Verhaltensökonomik.

Welche Bedeutung die Prospect-Theorie in der Praxis hat und in welche Fallen wir Menschen bei Entscheidungsfindungen immer wieder hineintappen, schilderte der Zürcher Universitäts-Professor Thorsten Hens vor vielen Jahren in der Finanz und Wirtschaft einmal so: «Die Prospect-Theorie stellt erstens dar, dass die Angst der Anleger vor Verlusten grösser ist als die Freude über Gewinne und zweitens, dass Anleger unwahrscheinlichen Ereignissen zu viel Gewicht einräumen.»

Die grosse Angst vor Verlusten

Diese Verlustaversion hat einen biologischen Ursprung. In Urzeiten hatten Menschen, laut Hens, nur überlebt, wenn sie vor ihren Feinden fliehen und sich vor den unzähligen Gefahren schützen konnten. Dieser Reflex habe sich in unserem Hirn so stark eingeprägt, dass er noch heute präsent ist. Im Strassenverkehr ist dieses Muster nicht schlecht, beim Anlegen kann es kontraproduktiv sein.

Weil viele Investorinnen und Investoren Verluste scheuen, kaufen sie erst, wenn der Aufwärtstrend offenkundig ist. Man will schliesslich nicht zu früh einsteigen. Verkauft werden die Papiere nicht, wenn sich die Kurse auf Höchstständen befinden, sondern wenn der Abschwung bereits (schon eine Weile) wieder in vollem Gang ist. Anlegerinnen und Anleger warten also zu lange ab, in der Hoffnung, dass sich ihre Anlage noch einmal erholen werde. Irgendwann kapitulieren sie dann trotzdem und verkaufen ihre Position zu einem ganz tiefen Preis.

Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman rät den Menschen, dass wir uns nicht unserer Intuition hingeben sollten. Subjektive Zuversicht sei keine Garantie auf Genauigkeit. Wenn es wichtige Entscheidungen zu fällen gibt, sollte man es langsam angehen lassen und stets nach objektiven Fakten suchen. Je mehr Infos umso besser.

Bessere Entscheidungen dank weniger Informationen

Im Artikel der NZZ werden gewisse Ansätze von Kahneman vom deutschen Psychologen Gerd Gigerenzer aber kritisiert. Und er ist längst nicht der einzige Kritiker von Kahnemans Thesen. Gigerenzer ist beispielsweise ein Gegner davon, Probleme zu verkomplizieren. Es sei wichtig, Entscheidungsverfahren einfach zu halten. Simple Heuristiken seien oft besser als komplexe Abwägungen, so Gigerenzers Ansatz. Heuristiken sind eingeübte Gedankengänge, um sich schnell zu entscheiden, ohne erst lange nachdenken zu müssen.

Auch wenn man Entscheidungsverfahren simpel hält, seien am Ende, gute Resultate möglich, kommt der Deutsche zum Schluss. Dies widerspricht der in der Ökonomik verbreiteten Ansicht, dass mehr Informationen immer besser sind oder zumindest nie schaden können, sofern sie kostenlos sind.

Gigerenzer führt für seine Halt-es-einfach-These eine Studie aus dem Tennis-Sport ins Feld: Leute, die von Tennis nur wenig verstehen, konnten die Resultate von Wimbledon-Partien besser voraussagen als ausgewiesene Tennis-Experten. Der Vorteil von Tennis-Laien sei, dass diese sich nur auf ein einziges Kriterium abstellen konnten, nämlich auf die Bekanntheit der Spieler. Diese einfache Heuristik, dass eben der bekanntere Spieler eine Partie wahrscheinlich gewinnen wird, war den komplizierten Prognosemodellen der Tennis-Expertinnen und Experten, die auf viel mehr Infos zurückgreifen konnten, überlegen.

Die gleiche Erkenntnis wie beim Tennis-Vergleich sollten sich auch Investorinnen und Investoren zu Herzen nehmen: In der hochkomplexen Welt des Investierens gibt es keine sicheren Wahrheiten oder zuverlässige Prognostiker. Der wichtigste Schritt für den Anlegeralltag ist es folglich, sich von Prognosen zu lösen.

Einfacheres Portfolio, bessere Performance?

Eine möglichst simple Sicht der Dinge kann auch Privatinvestoren bei ihren Entscheidungen helfen. Laut Gerd Gigerenzer trifft man eine bessere Wahl, wenn man «einfach etwas Nachteiliges entfernt». Dies führe in vielen Situationen zu besseren Resultaten als komplexitätserhöhende additive Lösungen. Und für Privatanleger könnte die erwähnte Studie Anlass sein, das Portfolio darauf hin zu untersuchen, ob sich seine Qualität erhöhen lässt, wenn einige Komponenten entfernt werden. Dies ist die Quintessenz des NZZ-Artikels.

Was uns wieder zum Anfang dieses Beitrages bringt: Weniger ist also oft mehr. Gerade die grosse Anzahl an Finanz-Produkten und -Strategien heutzutage setzt Know-how voraus, was schnell viele Privatanleger überfordern und zu Stress führen kann. Wir bei Spectravest sind der festen Überzeugung, nur zu investieren, wenn wir die Anlage auch verstehen. Das gleiche Raten wir unseren Kundinnen und Kunden. Je komplexer die Strategie ist oder je unklarer die Anlagen in einem Fonds sind, desto schwieriger fällt die Entscheidungsfindung in einer Stresssituation.  Daher schreiben wir bei Spectravest Simplizität für unsere Kundinnen und Kunden gross. Klare Fondsstrategien werden durch uns verwaltet nach einer simplen, aber wohl durchdachten Anlagephilosophie.

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