12.12.2017

Profitable Zahlenspiele

Quantex publiziert jeden Monat eine Liste mit 20 Aktienempfehlungen, die auf einem quantitativen Modell beruhen. Wir haben uns nach drei Jahren die Performance dieser Empfehlungen etwas genauer angeschaut.

Maurice Rüegg

vonMaurice Rüegg

Anlagestrategie & IT-Entwicklung

Bei Quantex sind quantitative Aktienanalysen die Grundlagen für unsere Investitionen. Im Quant Corner unseres Anlegerbriefes empfehlen wir jeden Monat fünf Aktien aus der Schweiz, aus Europa, den USA und aus den Schwellenländern zum Kauf. Ausserdem warnen wir vor absturzgefährdeten Titeln und empfehlen aus unserer Sicht attraktive Länder.

Für jede empfohlene Aktie zeigen wir unseren errechneten R-Score, ein Punktevergabesystem, das als primären Indikator jeden Titel mit zwischen -11 und 11 Punkten bewertet. Als zusätzliche Information steht die Free-Cashflow Rendite und die Dividende, da diese bei unseren Investitionsentscheidungen auch eine Rolle spielen. Der R-Score ist eine Mischung aus Value-Kennzahlen mit weiteren Faktoren zu längerfristigem Momentum, antizyklischen Indikationen und Beurteilung der Bilanz.

Was also hätte ein Investor erreicht, der einzig und allein auf unseren Quant Corner gehört hätte und jeden Monat in die 20 empfohlenen Aktien investiert hätte? Über die letzten drei Jahre ergibt sich eine Gesamtrendite in Franken von 67.0% oder etwa 18.6% pro Jahr.

Renditeübersicht des Quant Corner

3-Jahres Netto-Rendite in CHF

Rendite
Quant Corner

Vergleichsindex

Rendite des
Vergleichsindex

Schweiz

105.3%

Swiss Performance Index

20.0%

USA

27.9%

S&P 500

34.5%

Europa

22.8%

Europe STOXX 600

22.1%

Schwellenländer

112.1%

MSCI Emerging Markets Index

27.6%

Gefährlich bewertet

-3.6%

MSCI World Index

27.6%

Ländermodell
Industrieländer

31.0%

MSCI World Index

27.6%

Ländermodell
Schwellenländer

32.1%

MSCI Emerging Markets Index

28.2%

Theoretische Netto-Rendite der Anlagen des Quant Corners sowie der Vergleich zum jeweiligen Index.


In obiger Tabelle finden sich die berechneten Renditen sowie als Vergleich die Renditen des jeweiligen Referenzindex. Alle Zahlen sind in Schweizer Franken gerechnet und beinhalten alle Erträge wie Dividenden oder Aktiensplits. Die detaillierten Resultate können auf Wunsch bei uns gerne als Excel-Datei bezogen werden.

Ein paar Fakten zur Analyse

Begonnen haben wir unsere Analyse am 1.1.2015. Der Stichtag für die Schlussbewertung war der 8.11.2017. Jeweils mit Bewertungsdatum im Quant Corner haben wir das virtuelle Depot angepasst und bewertet. Das resultierte in 60 Käufen in der Schweiz (und 55 Verkäufen, denn wir halten momentan ja noch fünf Aktien), wobei wir 35 verschiedene Unternehmen im Depot hielten. Im S&P 500 empfahlen wir 52 Unternehmen und lösten 96 Käufe aus, im STOXX 600 waren es 44 Unternehmen und 86 Käufe, in den Schwellenländern 56 Unternehmen und 85 Käufe.

Die vielen Käufe stammen daher, dass wir oft in unseren Empfehlungen mehrere Unternehmen mit sehr ähnlicher Bewertung hatten und uns dann jeweils dafür entschlossen haben, das jeweils in den Vormonaten nicht genannte Unternehmen aufzulisten. Unser Ziel im Anlegerbrief ist es, neue Ideen zu liefern; ein realer Investor würde hier sicherlich nicht einen sehr gut bewerteten Titel gegen einen sehr ähnlichen austauschen. Schliesslich generiert das vor allem Transaktionskosten. Diese und alle weiteren Kosten wie Depotgebühren, Währungstransaktionen oder Abgaben sind nicht berücksichtigt. Weder in der Quant-Corner-Rendite noch im jeweiligen Vergleichsindex.

Für die 20 empfohlenen Unternehmen aus den vier Regionen Schweiz, USA, Europa und Schwellenländer resultiert die eingangs erwähnte durchschnittliche Rendite von 67.0%, gegenüber der gemittelten Rendite für die vier Vergleichsindizes von 26.1%.

Eine ebenfalls spannende Rendite resultiert aus den jeweils fünf Titeln, vor denen wir jeden Monat warnen. Sie hätten über drei Jahre 3.6% verloren. Und das Marktumfeld war während des Bewertungszeitraumes sehr positiv ohne grössere Krisen! In einem negativen Umfeld vermuten wir, dass unsere Warnungen noch viel ernster zu nehmen wären.

Die Empfehlung zu favorisierten Ländern ist von eher sekundärem Nutzen. Die fünf billigsten Industrieländer und die drei billigsten Schwellenländer lassen sich oft nicht mit den darunter liegenden Aktien in Einklang bringen. Die Börse in Prag hat vier Aktien, die von genügender Grösse sind, um für Liquidität im Handel zu sorgen. Die Börse von Qatar ist eigentlich für Ausländer fast unerreichbar und in der Schweiz ist der Index verzerrt durch die drei Schwergewichte Nestle, Roche und Novartis.

Verzerrte Indices

Diese Verzerrung ist sicherlich auch ein Grund, wieso unsere Empfehlungen in der Schweiz viel besser waren als der Swiss Performance Index. Nestle, Roche und Novartis blieben gegenüber vielen anderen Titeln zurück. Das Gegenteil ist momentan in den USA der Fall. Die FANGs (Facebook, Amazon, Netflix und Google-Alphabet) sind zusammen mit anderen Tech-Titeln ein gewichtiger Teil des S&P 500 und lieferten massive Mehrrenditen im Vergleich zu anderen Branchen. Keine dieser Aktien haben wir in den letzten drei Jahren zum Kauf empfohlen. Fundamental betrachtet spricht rein gar nichts für ein Engagement in Amazon, auch wenn das „Story-Telling“ um die Zukunft des Einzelhandels voll in Fahrt ist.

Ausgewogener sind die Indizes in Europa und in den Schwellenländern. In Europa schafften wir eine leicht schwächere Rendite als der STOXX 600, in den Schwellenländern sind wir deutlich besser. Hier haben wir in den letzten Jahren die laut unserem R-Score definitiv attraktivsten Unternehmen gefunden mit Punktzahlen von 9 bis 11, während in Europa und den USA oft nur 5 oder 6 Punkte für eine Empfehlung reichten.

Quant Corner
Vergleich der Renditen für unsere Quantex Perlen im Quant Corner zu den jeweiligen Indizes, alle in CHF gerechnet.

Bemerkenswertes

Einige Details, die uns ins Auge gestochen sind und die Eigenheiten des quantitativen Investierens beleuchten, möchten wir kurz ausführen. Als erstes ist hervorzuheben, dass trotz unseres Anliegens, immer neue Ideen an unsere Leser zu vermitteln, eine Konstanz in der Titelselektion liegt. Viele Unternehmen standen in unserem Quant Corner über Monate und Jahre auf der Empfehlungsliste. In der Schweiz empfahlen wir TA Media über 16 Monate (+34.1%), Bell sogar über 21 Monate (+86.0%). Im von der Allgemeinheit als unsicher eingestuften Russland empfahlen wir Tatneft und Magnitogorsk über 12 und 13 mal. Magnitogorsk hätte dabei +113.5% Rendite gemacht, Tatneft im negativen Marktumfeld +23.7%. Drei dieser Aktien, ausser TA Media, hielten und halten wir übrigens auch in unseren Fonds.

Beim quantitativen Investieren verirrt sich aber auch mal eine Aktie auf die Liste, die nur in der Theorie gehalten werden kann. Luthai zum Beispiel ist ein China A-Share, der nur in China selbst gehalten werden darf. Beim oben erwähnten Magnitogorsk gibt es zum Glück ein sogenanntes Global Depository Receipt (GDR) an der Londoner Börse, da Russland auch schwer zugänglich für ausländische Investoren ist.

Dann gibt es Titel, die wir auf unserem Radar auftauchen sahen, wie z.B. Amgen in den USA oder die Jungfraubahn, die aber erst spät eine Spitzenposition in unserer Bewertung einnahmen. Amgen kauften wir in unserem Global Value Fund bevor die Aktie im Quant Corner erwähnt wurde.

Manchmal weiss weder die Aktie noch das quantitative Modell (noch das Management!), wohin ein Unternehmen steuert. Intel haben wir empfohlen, dann wieder nicht, dann plötzlich wieder. LG in Korea war mal ein Spitzenkandidat, dann auf der Liste der zu meidenden Aktien, ebenso Statoil in Norwegen oder First Solar in den USA.

Eine klare Warnung war beim in Schieflage geratenen englischen Detailhandelsriesen Tesco angebracht. Die Aktie hat, wann immer wir gewarnt haben, insgesamt 32% verloren. Vor der ehemaligen Swiss Metall (SWMTL Holding) haben wir drei Monate in Folge gewarnt. Zuerst bewegte sie sich nicht, dann verlor sie 50%! Dieses „Nicht-Bewegen“ ist übrigens einer der wichtigsten Gründe, weshalb wir bei Quantex viele Aktien meiden, aber nicht auf fallende Kurse wetten. Wir sind „long-only“, weil beim Leerverkaufen immer die Zeit gegen einen spielt. Ein Sonderfall macht dies besonders klar: Wir haben vor dem Halten von Weisse Arena gewarnt. Der Titel hat darauf über mehrere Monate 0% gemacht – es gab in diesem Nebenwert schlicht keine Transaktionen während der Zeit. Wir hätten ausser Spesen nichts gewonnen.

Schön zu sehen sind gewisse Sektor-Rotationen im quantitativen Modell, ohne dass solche angestrebt werden. Zuerst waren viele Versicherungen wie Hannover und Münchener Rück oder Zurich Insurance übervertreten, dann listeten wir plötzlich viele Bergbauunternehmen wie Rio Tinto, Assore und Kumba Iron Ore auf.

Fazit

Mit der Auswertung des Quant Corner haben wir einmal gezeigt, dass quantitative Modelle ihre Berechtigung haben. Was allerdings ein gutes quantitatives Modell ist, darüber scheiden sich die Geister, und es wurden schon hunderte Bücher geschrieben. Unser eigener Ansatz folgt kurz zusammengefasst diesen einfachen Regeln:

  • Eine automatisierte Analyse von zuverlässigen, vergleichbaren Unternehmenskennzahlen.
  • Ein möglichst einfaches System der Beurteilung ohne höhere Mathematik, sprich ohne Neuronale Netze, Machine Learning, Fuzzy Logic, Monte Carlo Simulationen, und andere trendige Schlagwörter.
  • Kein exzessives Backtesting und Overfitting (siehe Anlegerbrief Nr. 10 „Trügerische Zahlenspiele).
  • Umsetzung der erhaltenen Resultate. Das heisst, man braucht den Mut, den eigenen Modelle zu glauben.

Befolgt man diese Regeln, so erlauben quantitative Analysen gute Renditen und wenig Aufwand. Die grösste Herausforderung ist oft, die Emotionen auszuschalten und an die Zahlen zu glauben. Oder man nutzt quantitative Analysen als Ausgangspunkt für weitere, fundamentale Betrachtungen. Dann liefern sie eine gute Basis, um den Arbeitsaufwand im unübersichtlichen und von Emotionen überfrachteten Börsendschungel zu reduzieren.


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