Der Goldpreis erreichte seinen bisherigen Höchststand von 1900 Dollar je Unze am 5. September 2011: just an dem Tag, an dem Google auch die meisten Suchanfragen nach dem Eurorettungsfonds EFSF verzeichnete. Die Angst vor einem Kollaps der Eurozone und ihres Bankensystems machte die Runde. Trotz einiger weiterer kleinerer Gewitter in der Folge ist diese Angst nun völlig verflogen. Entsprechend kam Gold aus der Mode. Derzeit kaufen die Anleger so wenig Goldmünzen wie letztmals 2007 vor der grossen Finanzkrise. Wer braucht schon einen Regenschirm, wenn die Sonne scheint?
Auch die Ängste vor einer möglichen Hochinflation, welche durch die extremen Gelddruck-Massnahmen der Zentralbanken entstehen könnte, sind heute anders als 2011 kaum noch präsent. Trotz boomender Weltwirtschaft und generell wieder tiefer Arbeitslosigkeit gilt die Inflation als erledigt – oder höchstens als Problem von übermorgen. Anders können die immer noch extrem tiefen Zinsen auf langlaufenden Anleihen nicht erklärt werden.
Konsumentenvertrauen und die Einkaufsmanager-Indizes der Industrie zeigen derzeit Spitzenwerte an. Die Stimmung ist gut. Natürlich auch an den Finanzmärkten. Aktienindizes erreichen neue Höchststände und am Anleihenmarkt zeichnet sich ein weiteres Rekordemissionsjahr ab. Was könnte da je die Partylaune trüben?
Fern am Horizont zeichnen sich zwar längst ein paar mögliche Gewitterstürme ab: Riesige Schuldenstände von amerikanischen Unternehmen zum Beispiel (vgl. News #19 – Das Remake der Schuldenkrise, 11.05.2017), Immobilienblasen in «sicheren Häfen», welche gut durch die Finanzkrise kamen wie die Schweiz, Kanada, Australien oder die skandinavischen Staaten. Oder neue Exzesse in Randbereichen des Anleihenmarkts wie bei Leveraged Loans, wo inzwischen 70% der Darlehen «covenant-lite» sind, also ohne grosse Einschränkungen zu Gunsten der Kreditgeber. 2007 vor der Finanzkrise waren nur 30% der Leveraged Loans «covenant-lite». Nicht zuletzt bleibt auch die gewaltige Kreditblase, welche sich in China über die letzten Jahre aufgetürmt hat, ein substanzielles Risiko.
Alles ist auf Sonnenschein gepreist
Doch das alles kümmert jetzt niemanden mehr. Die historische Erfahrung zeigt, dass solche Boomphasen voller Sorglosigkeit leider meistens nicht lange anhalten. Am längsten und besten sind die Bullenmärkte in der Phase, wo sich alle noch Sorgen machen – wie in den letzten Jahren um Inflation und Eurokrise – und die Aktien trotzdem steigen. Jetzt gibt es nicht mehr viel zu gewinnen, da fast alle Anlageklassen auf ewigen Sonnenschein gepreist sind. Der nächste Schock für die Finanzmärkte wird zwangsläufig umso heftiger ausfallen. Leider haben wir keine Ahnung, wann und woher genau der Schock kommen wird. Aber wir wissen aus Erfahrung, dass er kommt. Entsprechend lohnt es sich, beim Anlegen generell Risiko rauszunehmen und sich nach möglichen Schutzmitteln gegen Turbulenzen umzusehen.
Der erste Schritt besteht darin, die Anlagen im Portfolio bottom-up auf Krisenfestigkeit zu überprüfen. Eine gesunde Bilanz und möglichst stabile Free Cashflows sind hier das A und O – ob bei Aktien oder Anleihen. Jetzt ist nicht die Zeit, um mutig zu sein und sich nach Risiken zu strecken, obwohl die gute Stimmung natürlich genau dazu verleitet.
Der nächste Schritt steht auf der Portfolio-Ebene an: Welche Anlageklassen reduzieren das Risiko eines grösseren Wertverlusts am besten? In den letzten zwei Jahrzehnten wirkte hier die simple Kombination von Aktien und Obligationen Wunder: Wenn die Aktienmärkte abstürzten, fielen die Zinsen und es stieg der Wert der Anleihen (vgl. Grafik).