Lustige Blüten treibt die falsche Interpretation der unlogischen Ableitung von Korrelationen zwischen A und B, wenn eine Studie findet, dass Menschen mit grossen Füssen lieber Fussball schauen. Frauen haben einfach kleinere Füsse. Oder dass mit steigendem Glace-Konsum die Ertrinkungsgefahr zunimmt – was wohl der Sommer damit zu tun haben könnte? In beiden Beispielen wird eine dritte Variable C vergessen, beides sind Beispiele für indirekte Kausalität.
Verkehrt herum ist es natürlich auch falsch: oder wollen wir behaupten, dass weil Windmühlen jeweils bei Wind drehen, sie Wind generieren? Die Kausalität wäre hier offensichtlich invertiert. Bei den Ökonomen wird die Analyse schwieriger, wenn Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff meinen, Schulden von über 90% des GDP eines Landes würden das Wachstum der Wirtschaft hemmen (Growth in a Time of Debt, American Economic Review, 2010) und Paul Krugman entgegnet, dass es genau umgekehrt sei. Lassen wir die Wirtschaftsprofessoren sich streiten, aber vielleicht ist die Kausalität ja gar nicht invertiert sondern zyklisch?
Luck and Skill
Eine weitere Kausalität, die wir im Laufe der Zeit immer wieder anzuzweifeln wagen: Wenn ein Unternehmen floriert, dann hat es einen guten Chef. Oder: wenn ein Fonds an Wert gewinnt, dann hat er einen guten Fondsmanager. Ist denn ein guter Chef oder Fondsmanager erfolgreich und ein erfolgreicher auch gut? Hier gilt es stark zwischen "Luck and Skill" zu unterscheiden, ein Thema, auf das wir gerne in einem zukünftigen Quantex Werte Beitrag umfassend eingehen möchten.
Das Risiko ist immer, dass wir uns zu sehr auf eine gute Geschichte oder ein auffälliges Muster konzentrieren. Wir lieben Geschichten. Sie geben uns einen Rahmen, um Entscheidungen zu treffen, von denen wir annehmen, dass sie Sinn machen. Dabei tendieren wir dazu, die Fakten zu ignorieren und die Geschichten zu bevorzugen. Hier sei jedem Daniel Kahnemanns Buch Thinking Fast and Slow empfohlen.
Narrative Fallacy
Nassim Taleb, Autor von The Black Swan hat dies in aller Deutlichkeit immer wieder betont. In seinem weniger zitierten aber mindestens ebenbürtigen früheren Buch Fooled by Randomness" (deutsch: Narren des Zufalls) spricht er dabei vor allem von der "narrative fallacy", der Verzerrung von Tatsachen, weil die Geschichte dazu so schön ist. Ein gutes Beispiel hier ist die Biographie einiger Jungunternehmer, die in einer Garage gestartet haben, um schliesslich zu Microsoft, HP oder Apple zu werden. Muss man also in einer Garage starten, um ein Unternehmen zum Erfolg zu führen?
Taleb meint, dass Erfolg wahrscheinlich gleichviel mit Zufall wie mit Talent zu tun hat, er betont allerdings, dass das Glück dem Tüchtigen hold ist. Im Umkehrschluss sollte man sich immer wieder fragen, ob Erfolg nicht Zufall statt Talent ist. Wenn man sich als Investor immer hinterfragt, ob ein Gewinn oder Verlust nicht einfach Glück oder Pech ist, werden wir die besseren, weil objektiveren Investoren.
Und weil wir so sehr auf Geschichten reinfallen oder Muster zu erkennen glauben, gilt es, diese sofort und immer wieder zu hinterfragen. Oft ist das Muster nur von kurzer Dauer. Man spricht von Zeitvarianz. Eine Korrelation und auch eine Kausalität kann über die Zeit erst entstehen: Der Goldpreis kann steigen, weil immer mehr Leute an eine Hochinflation glauben und die Zentralbanken diese vielleicht sogar heraufbeschwören. Oder wenn eine Kausalität wirklich existiert, dann kann sie natürlich auch verloren gehen. Man erinnere sich an die Zinsen in der Eurozone, wo die Europäische Zentralbank die Länder durch die Maastricht-Kriterien in Einklang brachte. Wie allseits bekannt, wurden und werden diese Kriterien nie eingehalten, was den Effekt hatte, wie er unten in der Graphik gezeigt wird.