Theoretisch könnten die Zinsen natürlich auch auf -1% oder sogar -5% fallen. Aber in der Praxis gibt es dafür viele fundamentale Hindernisse. Zum einen werden weder Versicherungen, Pensionskassen oder Privatanleger die Lust und das Geld haben, dem Staat effektiv Negativzinsen im grossen Stil zu bezahlen. Zum anderen steigt mit negativen Zinsen der Anreiz für die Staaten, mit der grossen Fiskalkelle anzurichten und die Neuverschuldung zu erhöhen.
Durch die Corona-Krise ist dieser Prozess bereits angelaufen: In den meisten Ländern werden die Haushaltsdefizite 2020 den höchsten Stand zum Bruttoinlandprodukt seit dem Zweiten Weltkrieg erreichen. Hat man sich einmal an den Geldsegen von oben gewöhnt, ist eine Rückkehr zur Haushaltsdisziplin politisch schwierig.
«Es ist viel wahrscheinlicher, dass sich Deutschland 5000 Milliarden zu -1% borgt als 1000 Milliarden zu -5%», bringt es der Hedge-Fund-Manager Diego Parilla auf den Punkt. In beiden Fällen müssten Anleger jährlich 50 Milliarden an «Zinszahlungen» an den Staat aufbringen. Es ist deshalb wohl kein Zufall, dass echte Negativzinsen bisher nur in Ländern wie Deutschland oder der Schweiz aufgetreten sind, wo die Regierungen die letzten Jahre sogar Haushaltsüberschüsse erzielten und netto keine neuen Anleihen aufnehmen mussten. Damit ist es seit Corona definitiv vorbei.
Durch den Virus hat eine Art Kriegsmentalität um sich gegriffen, und es wurde sowohl auf der geldpolitischen wie auch fiskalpolitischen Seite grosses Geschütz aufgefahren (vgl. SpectraNews #53). Die Erfahrung der Vergangenheit lehrt, dass dies über kurz oder lang zu einem Anstieg der Inflation führen wird.
Die hellblaue Linie in der obigen Grafik zeigt den Verlauf den Konsumentenpreisindex. Auffallend ist, dass vor allem bei sinkender Teuerung die Korrelation von Anleihen mit Aktien negativ war. So etwa in der Weltwirtschaftskrise der frühen 1930er Jahre oder seit dem Jahr 2000. Bei steigender Teuerung dagegen dreht die Korrelation ins Positive. Dies macht Sinn: Mit mehr Inflation werden festverzinsliche Papiere und Aktien weniger attraktiv und verlieren im Gleichschritt an Wert.
Anleihen fallen deshalb in unseren Augen als Stabilisator für ein gemischtes Portfolio weitgehend aus wegen der längerfristigen Gefahr von Nullertrag und potenziellen Abstürzen zusammen mit den Aktien. Doch welche Anlageklasse ist die bessere Alternative?
Mehr Cash zu halten, ist grundsätzlich eine defensive Möglichkeit, welche die Kursschwankungen des Portfolios glättet. In Euro und Franken besteht aber das Problem negativer Zinsen. Immobilien sind Sachwerte und damit robuster gegen Anstiege der Inflation. Steigen jedoch die Zinsen, sinkt tendenziell der Wert von Immobilienanlagen, genau wie bei Anleihen. Die heute generell tiefen Mietrenditen von Immobilien machen sie anfällig für Anstiege der Abzinsungsrate.
Die beste Alternative sind Gold und Rohstoffe. Wie die Grafik unten zeigt, beläuft sich die langfristige Korrelation des Goldpreises mit Aktien auf null. Die Korrelation kann zwar phasenweise auch positiv sein. Auffallend ist jedoch, dass sie vor allem in Phasen mit steigenden Teuerungsraten negativ ausfällt.