Es war damit ein klassischer «Helicopter Drop», ein Ausdruck, den der Ökonom Milton Friedman 1969 prägte: Der Staat lässt zur Inflationserzeugung mittels Helikoptern Geldscheine in die Bevölkerung regnen. Soweit deckt sich die auf COVID folgende Inflationswelle mit der monetaristischen Theorie Friedmans. Der entscheidende Punkt aus Sicht der Fiskaltheorie war jedoch, dass die Rückforderung des Geldsegens nie ein Thema war.
Ein einfaches Gedankenexperiment verdeutlicht den Unterschied: Wenn die Regierung ankündigt, morgen jedem Bürger als Stimulus eine Million aufs Konto zu buchen, darf man davon ausgehen, dass der Porsche-Händler schon heute ausverkauft sein wird. Das Preisniveau wird ebenso sprunghaft anziehen. Da müssen gar keine Geschichten von angeschlagenen Lieferketten bemüht werden. Die eingeschränkte Verfügbarkeit gewisser Güter kann niemals einen breiten Preisanstieg aller Güter auslösen – dies ist in der ökonomischen Theorie unbestritten, wird in der Praxis der Inflation aber immer wieder zwecks Sündenbock-Suche behauptet. Alternativ sind es auch die bösen Spekulanten oder die gierigen Lebensmittelhändler oder die masslosen Gewerkschaften, welche die Preise verschwörungsmässig nach oben treiben sollen. Dabei war es einfach der Staat, der zu viel von seinen Schuldscheinen namens Geld in Umlauf gebracht hatte.
Wenn die Regierung aber gleichzeitig verkündet, dass in sieben Tagen jeder wieder eine Million an Sondersteuern sofort bezahlen oder in den Knast wandern muss, darf man davon ausgehen, dass sich das Preisniveau nicht gross oder nur vorübergehend ändert. Diese Zukunftsperspektive ist bei der Fiskaltheorie zentral.
John Cochrane bringt ein für Aktionäre einleuchtendes Gleichnis dazu: Wenn der Staat einfach die Zahl seiner Schuldscheine verdoppelt, entspricht das einem Aktiensplit: Die Discounted Cashflows einer Firma verändern sich nicht durch die Verdoppelung der Aktienzahl, folglich halbiert sich der Wert einer Aktie – oder eben eines Euros oder Dollars.
Werden die erhöhten Fiskalausgaben dagegen mindestens zum Teil als Investment gesehen, welches die zukünftigen Steuereinnahmen des Staates erhöht, entspricht das Manöver einer Aktienkapitalerhöhung bei einem Unternehmen: Der Aktienkurs sinkt dann nicht zwangsläufig im gleichen Verhältnis, wie die Aktienzahl steigt.
Folglich besagt die Fiskaltheorie nicht einfach, dass ein hohes Fiskaldefizit im hier und jetzt automatisch zu mehr Inflation führen muss. Dasselbe gilt für einen hohen bestehenden Schuldenberg wie ihn etwa Japan oder Italien mit sich tragen. Entscheidend ist, was die Anleger hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung erwarten. Die Glaubwürdigkeit, welche sich Länder wie Bürger erarbeiten müssen, spielt eine zentrale Rolle. Ein Schuldner wie Argentinien hat auf Grund seiner Geschichte mehr Probleme, ein erhöhtes staatliches Defizit als nur als vorübergehenden Finanzengpass zu verkaufen. Normalerweise werden seine Schuldscheine sofort abgewertet.