Natürlich sind Prophezeiungen eines baldigen Comebacks der Value-Aktien ein so fixer Programmpunkt im Prognose-Zirkus wie das Jahresend-Rally oder der China-Crash. Viele Anleger wurden schon mehrfach enttäuscht und mögen es nicht mehr hören. Frustriert wenden sich immer mehr vom Value-Investing ab: Der Preis einer Aktie spielt keine Rolle mehr, einzig eine gute Story und ein guter Aufwärtstrend zählen.
Doch die Positionierung des Marktes in ein paar wenigen überschweren Momentum-Aktien ist damit extrem einseitig geworden. Wie Empirical Research vorrechnet, weist das beste Fünftel aller Aktien mit dem besten Momentum derzeit einen Anteil von 35% der gesamten Kapitalisierung des US-Marktes aus. Umgekehrt hat das Fünftel mit der tiefsten Bewertung nur noch einen Anteil von 10% an der gesamten Börsenkapitalisierung.
Auch die Unterschiede in der Bewertung selbst haben historische extreme Ausmasse angenommen: Die grössten Wachstumsaktien weisen nun ein Kurs/Gewinnverhältnis aus, das mehr als viermal so hoch ist wie der Marktschnitt. Historisch üblich war in den letzten 70 Jahren eine rund doppelt so hohe Bewertung für schnell wachsende Firmen.
Umgekehrt sind Value-Aktien wirklich billig geworden. Ihr Kurs/Gewinnverhältnis beläuft sich momentan auf rund die Hälfte des Marktschnitts. Typisch war in der Vergangenheit eher ein Bewertungsabschlag von rund einem Viertel zum Durchschnitt.
Was löst das Value-Rally aus?
Die Feder für ein fulminantes Comeback der Value-Aktien ist damit extrem gespannt. Doch es bleibt die Frage nach dem Auslöser für die Value-Aufholjagd. In den letzten Jahren waren es meist steigende Zinsen, welche dem Value-Segment Auftrieb verschafften. Dies macht Sinn: Erstens zeigen steigende Zinsen bessere Wirtschaftsaussichten an, was den meist zyklischen Value-Titeln hilft. Zweitens steigt damit der Abzinsungsfaktor für die zukünftigen Cashflows eines Unternehmens. Dies trifft günstige Titel mit einer hohen gegenwärtigen Free-Cashflow-Rendite viel weniger als Wachstumsaktien, welche vor allem auf Grund ihrer Cashflows in ferner Zukunft bewertet werden.
Mittlerweile glauben vermutlich mehr Anleger an das Christkind, als dass die Zinsen jemals wieder steigen können. Die Notenbanken werden alles daransetzen, dies zu verhindern. Doch was ist, wenn die Inflation ausser Kontrolle gerät?
Die Gefahr ist real, da zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Geldpolitik und die Fiskalpolitik gleichzeitig sehr expansiv sind. Die Budgetdefizite in vielen Ländern werden dieses Jahr in Relation zum Bruttoinlandprodukt ein Niveau erreichen, wie es zuletzt im Zweiten Weltkrieg üblich war. Wie das neue «Zeitalter der Extreme» in Sachen Inflation enden wird, ist derzeit völlig offen (vgl. SpectraNews #53).
Doch weil die Feder für Value-Aktien so extrem gespannt ist, braucht es vermutlich ohnehin nur einen minimalen Anstieg der Inflationserwartungen, um eine starke Outperformance einzuleiten. Dies war zumindest 2013 und 2016/17 in den letzten beiden guten Value-Phasen schon so.
Als Bottom-Up-Investoren machen wir keine Prognosen darüber, wann und wie stark die Inflation oder die Wirtschaft zurückkommen werden. Wir sehen aber, wie einseitig derzeit der Markt darauf ausgerichtet ist, dass dies nie mehr geschehen wird. Entsprechend macht es aus unserer Sicht Sinn, mit Value-Aktien dagegen zu setzen. Das Chance-Risiko-Verhältnis für dieses Investment ist derzeit ausgesprochen gut.
Der Quantex Global Value Fund hat deshalb in den letzten zwei Wochen sein Engagement in Value-Titeln aus eher zyklischen Sektoren wie Bergbau, Düngerherstellung und Papier weiter erhöht und gleichzeitig einige defensive Positionen in Apotheken, Pharma und Software abgebaut.
Jetzt warten wir darauf, dass das K zuklappt.