Mit der finanziellen Allgemeinbildung ist es in zahlreichen Ländern nicht weit her. Viele Umfragen haben dies bereits gezeigt, und eine Mitte Oktober publizierte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beweist dies einmal mehr eindrucksvoll. Für diese wurden in dreissig Staaten mehr als 50 000 Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren befragt. Die Befragten aus den wohlhabenden OECD-Ländern schnitten dabei etwas besser ab als diejenigen aus den übrigen Staaten, aber ebenfalls keineswegs berauschend. Bei Fragen zum Finanz-Wissen zeigten sich teilweise frappierende Lücken. Dies dürfte zu einem wesentlichen Teil damit zusammenhängen, dass Finanzen und Wirtschaft in vielen Ländern nicht in der Schule unterrichtet werden. Regierungen sollten dies schleunigst ändern.
Bei Fragen zum Finanz-Wissen beantworteten im Durchschnitt lediglich 56% der Befragten fünf von sieben Fragen richtig – in den siebzehn OECD-Ländern, die an der Umfrage teilnahmen, waren es 63%. Eine Frage lautete beispielsweise: «Hohe Inflation bedeutet, dass die Lebenshaltungskosten rapide ansteigen. Richtig oder falsch?» Eine andere lautete, ob sich das Risiko bei der Aktienanlage reduziere, wenn man Gelder in verschiedene Aktien anlege, eine weitere prüfte das Verständnis des Zinseszinseffekts. Letzteres erwies sich als besonders wenig ausgeprägt – nur 42% der Befragten beantworteten die entsprechende Multiple-Choice-Frage richtig. Die private Altersvorsorge wird immer wichtiger – doch wie soll eine Person Interesse daran entwickeln, wenn sie die Vorteile des Zinseszinseffekts oder die risikoreduzierende Wirkung der Risikostreuung nicht versteht?
Die Studie untersuchte ausserdem das Verhalten und die Einstellung der Befragten in Geldangelegenheiten. So erstellen nur drei von fünf der Befragten ein Haushaltsbudget, und nur rund die Hälfte arbeitet auf ein finanzielles Ziel hin. Finanzplanung scheint für viele Haushalte also ein Fremdwort zu sein.
Besonders betroffen von «finanziellem Analphabetismus» sind anscheinend die Frauen. Während 61% der befragten Männer mindestens fünf der besagten sieben Fragen richtig beantworteten, gelang dies nur 51% der Frauen. In den OECD-Ländern lagen die Zahlen bei 69% bzw. 56%. Dass die Damen bei der finanziellen Allgemeinbildung besonders schlecht abschneiden, ist bedenklich. Schliesslich leben Frauen im Durchschnitt länger, verdienen aber zumeist weniger – sie wären also besonders darauf angewiesen, mit Geld gut umzugehen.
Allerdings könnte sich das Problem dadurch etwas relativieren, dass sich Frauen in einigen Studien – etwa von Depotbanken – als bessere Anleger als Männer herausgestellt haben. Als Gründe gelten, dass sie weniger riskant anlegen als die Männer, die sich oft überschätzen. Zudem generieren sie bei der Vermögensanlage anscheinend oft geringere Kosten, da sie weniger handeln. Dann bleibt mehr Nettorendite übrig.