Hier der Artikel aus der NZZ:
Nach dem Brexit-Schock hat die Flucht der Investoren in sichere Häfen nochmals zugenommen. Wer sein Geld sicher, aber auch liquide investieren will, kann es auf dem Konto liegen lassen oder Anleihen mit erstklassiger Liquidität kaufen. Für beides erhält man keinen Zins – oder muss sogar einen negativen Zins berappen. Das hat hierzulande zu einem nicht angestrebten Rekord geführt. Die Schweiz ist das erste Land, wo Staatsanleihen aller Laufzeiten eine negative Rendite aufweisen. Der Staat verdient also auch Geld, wenn ihm die Anleger Geld für fünfzig Jahre anvertrauen. Nach neuesten Schätzungen dürften mittlerweile weltweit Obligationen mit einem Wert von 9000 Mrd. € eine negative Rendite aufweisen.
Das Universum der sicheren Anlagen wurde kleiner, weil es im Laufe der Finanzkrise zu deutlichen Rückstufungen bei den Staatsanleihen kam. Nach dem Brexit und einer Rückstufung gehört auch Grossbritannien nicht mehr zu den erstklassigen Schuldnern, die ein Triple-A-Rating aufweisen. Wenn also die Nachfrage steigt und das Angebot sinkt, klettern die Preise von sicheren Staatsanleihen aus den USA, Deutschland und der Schweiz – und die Renditen fallen in den Minusbereich.
Manch ein Beobachter wird sich fragen, wer denn dieses Verlustgeschäft auf sich nimmt. Doch solange die Nachfrage zunimmt, besteht die Aussicht auf Kursgewinne. So rechnet der deutsche Anlagespezialist Bantleon vor, dass ein Portfolio aus deutschen Bundesanleihen mit 1- bis 30-jährigen Fälligkeiten seit Anfang Jahr wegen des laufenden Zinsrückganges eine Gesamtperformance von knapp 7% erzielt habe. Der Vermögensverwalter geht davon aus, dass die Renditen weiter fallen werden: Für 10-jährige Bundesanleihen rechnet Bantleon im Jahresverlauf mit einem Rückgang bis auf –0,5%, was einem weiteren Kursgewinn von 3,5% entsprechen würde. «Es lebe die Anleihe», steht denn auch über dem Marktbericht.