Die Welt ist immer noch ganz simpel und unipolar, wenn man einer einfachen Gewichtung nach Börsenwert folgt: Die USA sind darin der absolute Gigant. 64% des MSCI All Country World Index ist in amerikanischen Aktien alloziert. Danach kommt Japan mit 5% und die grösseren europäischen Märkte mit je 2-3% Gewichtung. Alles in allem sind 80% in westlichen Industrieländern inklusiv Japan angelegt, davon folglich mehr als Dreiviertel in den USA.
Blickt man jedoch auf den heutigen Globus, so ist diese amerikazentrische Weltsicht der Börsen total obsolet. Der Anteil der USA an der Weltwirtschaft beläuft sich trotz einem starken Dollar auf 25%, kaufkraftbereinigt sogar nur noch auf 15%. Eine Gewichtung von 64% USA wie im Weltindex impliziert, dass die US-Unternehmen angeführt von den Tech-Giganten bis in alle Ewigkeit rund zwei Drittel aller Unternehmensgewinne der Welt einfahren werden.
Das war allenfalls noch theoretisch denkbar in einer globalisierten Welt ohne Handelsschranken und politische Rivalitäten. Doch die aktuelle Welt verändert sich dramatisch: Handelsschranken werden hochgezogen, Sanktionen verhängt, mit Krieg gedroht, aus «Outsourcing» wird «Friendshoring». Neue Machtblöcke formieren sich um die beiden Pole USA und China.
Der zweite Kalte Krieg hat nach Überzeugung prominenter Historiker wie Niall Ferguson schon längst begonnen. Die Herausforderung besteht nun darin, dass daraus nicht der Dritte Weltkrieg wird, sondern dass es wie beim letzten Mal bei einem «Gleichgewicht des Schreckens» bleibt.
Bleiben wir jedoch bei der wirtschaftlichen Seite dieser epochalen Veränderungen. Entsprechend dem alten Diktum überqueren derzeit zum Glück noch Handelsgüter die Grenzen, nicht Armeen und Raketen. Gemäss den Statistiken der Welthandelsorganisation WTO nimmt das Handelsvolumen wie auch der Wert der gehandelten Güter seit der Covid-Delle wieder zu (siehe Grafik unten).