Schuldenkrisen sind keine Actionfilme, eher Psychothriller: Sie beginnen in ruhigen Zeiten mit einem gemächlichen Spannungsaufbau. Die Verschuldung steigt Jahr für Jahr etwas schneller als die Wirtschaftsleistung und man ahnt, dass es mal böse enden könnte – doch vorerst geht alles noch lange gut. Es herrscht Partylaune. Länger, als es viele Warner glauben können, die das Publikum mit ihren Zwischenrufen irgendwann nur noch langweilen.
Doch dann legt der Film mächtig an Tempo zu und die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen. Die hohen Schulden können nicht mehr bedient werden, die als Sicherheit hinterlegten Vermögenswerte werden liquidiert und verlieren an Wert, was wiederum die Rückzahlung der Schulden erschwert. Die sich selbst verstärkende Spirale beginnt plötzlich, sich nach unten anstatt nach oben zu drehen. Am Schluss endet die Geschichte meist mit Bankenpleiten und dem einen oder anderen Staatshaushalt am Rande des Abgrunds.
Der Film ist immer derselbe, nur die Akteure wechseln von Mal zu Mal. 2007/08 übernahmen die amerikanischen Hausbesitzer und ihre Banken die Hauptrolle. Die nachfolgende Eurokrise war dann vor allem mit südeuropäischen Darstellern besetzt.
Für das Nächste Remake des Films gibt es eine ganze Reihe von Kandidaten: Australier, Kanadier, Chinesen, Skandinavier, ja sogar Schweizer könnten mal wieder eine Rolle in einer spektakulären Schuldenkrise spielen. Mit einer rapide gestiegenen Hypothekarverschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung erfüllen alle diese Länder die Voraussetzungen für die Teilnahme in einem Immocrash-Horrorfilm klassischer Machart.
Aber auch der US-Unternehmenssektor, oder zumindest Teile davon, könnten in einem neuen Schocker aufwarten. In den Jahren des billigen Geldes am Obligationenmarkt nahmen viele Firmen mehr Schulden auf, als dass sie bei auch nur schon leicht höheren Zinsen tragen können. Das Drehbuch für das Remake der Junk-Bond-Krisen von 1989 und 2002 ist sozusagen schon geschrieben.
Und dann gibt es in verstaubten Schubladen natürlich auch noch die Drehbücher für die ganz grossen Katastrophenfilme, in denen die staatlichen Schuldner die Hauptrolle spielen werden. Griechenland und die Eurokrise waren möglicherweise nur ein Prequel für das, was bei steigenden Zinsen noch folgen könnte.
Der Internationale Währungsfonds IWF jedenfalls gibt sich besorgt. Im neusten Global Financial Stability Report zeigen die Ökonomen der Institution gleich mehrere mögliche Gefahren für die Zukunft auf.
Der erste mögliche Krisenherd ist der amerikanische Unternehmenssektor: Seit 2010 wurden 7800 Milliarden Dollar an neuen Schulden und Verbindlichkeiten aufgenommen – dem grosszügigen Anleihenmarkt sei Dank. Die Netto-Verschuldung zum Brutto-Cashflow Ebitda beläuft sich damit wieder auf rund 1.5x. Ein Wert in dieser Grössenordnung zeigte schon 1989 und 2002 das Ende der Fahnenstange an. Und bereits jetzt können rund 10% der Firmen ihre Schuldzinsen nicht mehr aus dem operativen Gewinn bedienen. Das heisst, das Interest Coverage Ratio ICR liegt unter 1. Weitere 10% sind verwundbar mit einem Interest Coverage Ration zwischen 1 und 2 (vgl. Grafik unten).