Nun türmt sich der Müll in den Suchresultaten der Google-Nutzer. «Enshittification» nennt der Internet-Guru und Science-Fiction-Autor Cory Doctorow wenig schmeichelhaft den Prozess, bei dem zu Beginn nützliche Plattformen wie Google über die Zeit mit Scheisse angereichert werden, bis am Schluss nur noch ein grosser stinkender Haufen übrigbleibt. Angewidert werden die Benutzer die erstbeste Gelegenheit ergreifen, um das Weite zu suchen. Damit endet der Plattform-Zyklus und ein neuer beginnt.
Doctorow beschreibt den typischen Verlauf des Zyklus wie folgt: Zuerst versuchen neue Anbieter, möglichst viele Kunden auf ihre Plattform zu locken. Google lieferte treffende Suchresultate. Amazon offerierte ein riesiges Angebot an Konsumgütern mit tiefen Versandkosten. Facebook offerierte ein soziales Netzwerk, dass rasch an Beliebtheit gewann, weil es ermöglichte, mit Freunden und entfernten Bekannten in Kontakt zu bleiben.
Falls eine kritische Grösse erreicht wird, spielen zwei Faktoren für die Plattform-Firmen und beschleunigen ihr Wachstum: Der Netzwerk-Effekt macht sie umso attraktiver, je mehr andere Leute sie nutzen. Am offensichtlichsten ist dies bei Metas Facebook und Whatsapp. Hohe Wechselkosten («Switching Costs») erschweren den Nutzern zudem den Absprung. Wenn alle Freunde und die Fussball-Gruppe der Kinder auf Whatsapp sind, wird es schwierig, alle zu einem koordinierten Wechsel zu einer anderen Messenger-App zu bewegen. Wenn man eine Riesensammlung von E-Books und Musik auf Amazons Plattform gekauft hat, will man diese nicht verlieren und so weiter.
Damit beginnt die zweite Stufe, die viel zitierte Monetarisierung der Nutzerbasis. «Die Plattformen locken Firmenkunden an, indem sie den Nutzen von den Anwendern zu den Werbetreibenden verschieben», beschreibt Doctorow diesen Prozess. Ein riesiges Potenzial an Kunden ist mit gezielter Werbung erreichbar. Das zieht die Firmen magisch an. Doch auch ihre Freude währt nicht ewig.
Auf der finalen Stufe werden die Werbetreibenden gegeneinander ausgespielt
Die dritte und finale Stufe im Zyklus ist es, die nun an die Plattform gebundenen Werbekunden und Produktverkäufer gegeneinander auszuspielen. Es reicht nicht mehr, auf Amazon den besten Dosenöffner anzubieten – die Firmenkunden müssen plötzlich für das Privileg bezahlen, dass die Plattformnutzer ihr Produkt auch finden.