Die eingangs erwähnten Popsongs und Bücher, die sich schon seit 40 Jahren am Markt behaupten konnten, haben deshalb eine gute Chance, auch ein gutes halbes Jahrhundert in der Zukunft noch beachtet zu werden.
Später wurde der Lindy-Effekt vom Mathematiker Benoit Mandelbrot formalisiert und vom Risiko-Philosophen Nassim Taleb in seinen Büchern zu Anti-Fragilität und Robustheit wieder aufgegriffen. Dinge und Ideen, die sich seit längerer Zeit behaupten konnten, altern gemäss Taleb «rückwärts»: Jedes verstrichene Jahr, in dem sie nicht untergegangen sind, erhöht ihre zukünftige Lebenserwartung.
Dies steht ganz im Gegensatz zu organischen Dingen und Lebewesen. Die restliche Lebenserwartung der Buchautoren und Sänger schrumpft natürlich wie die aller Menschen mit jedem verstrichenen Jahr – die ihrer nicht-materiellen Kreationen verlängert sich dagegen.
„Halte dich an alte Gesetze und frische Speisen», empfahl schon der Tyrann und Philosoph Periander von Korinth vor 2500 Jahren. Ein weiser Rat für die aktuelle Generation von Politikern, welche mal wieder mit einer Flut von neuen Gesetzen den Durchbruch von «zukunftsträchtigen Technologien» im Bereich Energieversorgung und Elektromobilität erzwingen wollen, obwohl sich diese am freien Markt bisher nicht durchsetzen konnten.
Der Lindy-Effekt lässt sich für fast alle Lebensbereiche verallgemeinern: Alte Klassiker und Geschichtsbücher zu lesen, bringt meist mehr Erkenntnis als mehrmals täglich die «News» zu checken. Alte Freundschaften sollten gepflegt werden, da sie sich schon lange bewährt haben und so weiter.