Die hohe Bewertung amerikanischer Unternehmen wird meist mit ihrer Marktmacht und Profitabilität gerechtfertigt. Tatsächlich stimmt es, dass US-Firmen seit geraumer Zeit in Sachen Reingewinn- oder Free-Cashflow-Margen so profitabel sind wie noch nie zuvor. Eine langfristige Analyse von Empirical Research zeigt, dass die Free-Cashflow-Margen der US-Large-Caps momentan auf dem höchsten Stand seit 50 Jahren stehen.
Den Free-Cashflow-Boom der letzten 20 Jahre konnte Empirical Research auf vier Faktoren zurückführen. Gut die Hälfte wurde durch einen Rückgang der Kapitalausgaben in Relation zum Umsatz verursacht. Dahinter steht zum einen die tiefe Kapitalintensität von Branchen wie Software oder Biotech. Zum anderen entstand dieser Trend aber auch durch die globale Arbeitsteilung: Amerikanische Firmen wie Apple designen und vermarkten Produkte in den USA, die Kapitalausgaben zum Bau der Fabriken zu ihrer Herstellung werden aber in Emerging Markets von lokalen Unternehmen wie Foxconn geschultert.
Ebenfalls eine bedeutende Rolle für die Margenausweitung spielte der Rückgang der Steuerquote – durch tiefere Sätze wie auch durch die internationale Optimierung des steuerbaren Konzerngewinns. Ein weiterer Faktor waren die fallenden Zinsen. Sie führten zu tieferen Zinskosten, obwohl im gleichen Zeitraum die Unternehmensverschuldung stark gestiegen war. Nur etwa 20% der Margenausweitung lässt sich nicht auf einen der obigen drei Faktoren zurückführen.
Der grosse amerikanische Margenboom ist politisch umkehrbar
Dies bedeutet jedoch, dass rund 80% des Margenbooms der US-Firmen grundsätzlich umkehrbar ist: Durch Deglobalisierung und Zölle, höhere oder effizientere internationale Besteuerung und steigende Zinsen.
Mit Blick nach vorne wird diesbezüglich die amerikanische Politik eine grosse Rolle spielen. Vor zehn Jahren war der US-Markt auch deshalb so unpopulär, weil mit Barrack Obama ein wenig unternehmensfreundlicher Präsident antrat, das Gesundheitssystem umzukrempeln. Es kam dann weit weniger schlimm als befürchtet. Obama erwies sich als moderater Präsident, der durch eine republikanische Mehrheit im Kongress im Zaum gehalten wurde.
Im Wahljahr 2020 sieht es derzeit aber sehr danach aus, dass der handelsfeindliche Präsident Trump gegen eine demokratische Herausforderin wie Elisabeth Warren antreten wird, welche für amerikanische Verhältnisse sehr sozialistische und unternehmensfeindliche Ideen vertritt. Beide Kontrahenten versprechen wenig Gutes für die Margen von Corporate America. Bis jetzt macht der Aktienmarkt keine Anstalten, diese potenziell grosse politische Unsicherheit einzupreisen.
Kehrt sich der Margenboom bei den US-Aktien um, schrumpfen nicht nur die Gewinne, sondern auch die hohen Bewertungen fallen zusammen. Das Abendrot für die Dominanz des US-Aktienmarktes ist deshalb schon am Horizont auszumachen.